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ARCADIA REMIX























Die Fotos, die man hier, in Milina, zwischen Thessaloniki und Athen, in der Region Pilion, ohne großen Aufwand machen kann, zeugen partiell von Zerstörung, Zerfall, Vernachlässi-gung, aber auch davon, Dinge sein zu lassen, bis sie eben zerfallen oder sich auflösen. 

Der größte Teil der Zerstörung und ein geringerer des Zerfalls sind naturgegeben, die Vernachlässigung hingegen beruht auf dem konservativen Geist, gemischt mit freundlich-anarchischem laissez-faire. 


The photos you can take here, in Milina, between Thessaloniki and Athens, in the region called Pelion, without great effort, partially witness destruction, decay, neglect but also to let things be till they just disintegrate or dissolve. 

The greatest part of destruction and a lesser one of decay are natural, whereas neglect is based on the conservative spirit, mixed with friendly-anarchistic laissez faire. 











Arcadia Remix: Dabei geht es keineswegs um eine möglichst objektive Bestandsaufnahme der Situation. Für die Zusam-menstellung der Fotos sind einzig und allein ästhetische Kriterien relevant.

Aber wie von selbst hat diese Erkundung dennoch die verschiedenen Faktoren und Facetten dieses Verfalls, Zerfalls, des Niedergangs und des Verrottens abgebildet. Und ihr Zusammentreffen hier an diesem Ort erscheint mir einzig-artig. 

Sie heißen Mentalität, Unwetter und Tourismus. 

In der Mentalität ist dieses liebevolle Seinlassen von Dingen und Situationen begründet.

Der Regen des letzten Septembers hat eine tiefe Spur der Zerstörung durch den gesamten Ort gezogen. 

Und schließlich wird der Eindruck des Verfalls begünstigt durch die Tatsache, dass viele der Häuser hier nur wenige Wochen im Jahr bewohnt sind.


Arcadia Remix: Not in the least is this meant as an objective inventory of the situation. Solely aesthetic criteria are responsible for the the mix of photos. 

Nonetheless this exploration has displayed by itself the different factors and facets of the decay, disintegration, decline and rotting on-site. And their encounter at this place seems unique.

Their names are mentality, severe weather and tourism.

The mentality establishes this affectionate letting go of things and situations. 

The rain last september drew a deep trace of destruction through the entire location.

And finally, the impression of decay is supported by the fact that a considerable number of the houses are only occupied a few weeks per year. 















































It was my intention to create short stretches of photos, passages in which the motifs merge and in which the materials and their origin are not always or no longer without doubt recognizable or distinguishable - is this wood, stone, plastic, metal or even water, a reflection or »real«? -, in which forms and colours resemble one another and recur.


Nevertheless there are by all means fissures, specially at the beginning, between the text passages.


Besides, this process of disintegration should be embedded in an overall picture or atmosphere: how does it look like around it, or two hours later or earlier? 


Beabsichtigt war, kurze Fotostrecken zu schaffen, in denen der Unterschied der Materialien, der Herkunft nicht immer und/oder nicht mehr einwandfrei zu erkennen ist, Passagen, in denen die Motive ineinander übergehen und auch die Materialien nicht mehr genau unterscheidbar sind - ist das jetzt Holz, Stein, Plastik, Metall oder gar Wasser, eine Spiegelung oder »real«? -, in denen sich Formen und Farben ähneln und wiederholen.

 

Dennoch gibt es durchaus Brüche, vor allem am Anfang, zwischen den Textpassagen. 


Außerdem sollte dieser Prozess der Auflösung oder des Zerfalls eingebettet werden in ein Gesamtbild, eine umfas-sende Atmosphäre: wie sieht es drumherum aus, oder zwei Stunden später oder früher?




So daß sich eigentlich von selbst versteht, daß auch das Spiel der Elemente ebenfalls Teil des Szenarios ist. Wie könnte man in diesem offenen Ambiente die Sonnenuntergänge, Wolken-formationen, Wasserspiegelungen ausblenden? 

Sie spielen zwar nicht mehr die Hauptrolle wie in den letzten Jahren, sind aber naturgemäß einfach immer dabei, als best supporting actors.


So that it goes without saying that also the play of the elements is as well part of the scenario. How could you blank out the sunsets, cloudscapes, water reflections in this open ambience?

They no longer play the lead indeed but are naturally all the time involved, as best supporting actors. 


But probably most important - since decay is mostly associated with suffering and ugliness -: the gradual disintegration of objects fosters the perception of their principal illusory nature and with it the one of their beauty. 



Vielleicht aber am Wichtigsten ist - da Zerfall doch meist mit Leiden und Häßlichkeit assoziert wird -: Die allmähliche Auflösung von Objekten begünstigt die Wahrnehmung ihrer grundsätzlichen Scheinhaftigkeit und damit auch die ihrer Schönheit.




Und so erhält auch der Titel eine vielleicht nachvollziehbare Bedeutung, einen sichtbaren Kontext: Das Suffix Remix war nie gedacht als Negation des Originals, nie hatte ich eine Demontage der Arkadien-Phantasie im Sinn, sondern eher eine Neuzusammensetzung, eine heutige Palette mittelmeeri-scher Milde.


And this way the title too gains a probably comprehensible meaning, a visible context: The suffix Remix never was thought of as negation of the original, I never had in mind a dismantling of the arcadia phantasy but rather a new composition, a present-day palette of mediterranean mildness.



















































































































Diese Sammlung von stark an der klassischen Moderne orientierten Fotos mit zum Teil eben abstrakt wirkenden Motiven in meinem Literatur-Blog zu veröffentlichen, warf die Frage auf, wie ich einen dann ja nahezu rein visuellen Post einleiten oder erklären sollte. Und ich dachte an das Folgende: Eigentlich wollte ich, nach vier mäandernden Posts über so wunderbar luzide und teilweise auch lichte Texte von Frauen dieses Mal einen Ausflug in die manchmal herme-tische und eher dunkle Welt von Männern unternehmen, unter anderem anhand einer Trilogie von Jón Kalman Stefánsson, aber dann fiel mir ein, dass das Wetter des letzten halben Jahres uns nicht gerade verwöhnt hat, und das Wetter ist in diesen Romanen nun mal der heimliche Protagonist, und es ist schon beim Lesen kaum auszuhalten, so kalt und ungemütlich kommt es daher.

Obwohl es durchaus exotisch sein kann und mir vor über 30 Jahren ziemlich gut gefallen hat, einen Roman wie beispiels-weise Die Schrecken des Eises und der Finsternis von Christoph Ransmayr zu lesen in der brütenden Hitze an der Westküste Madagaskars. Ich erinnere mich, dass wir uns damals nicht einmal im Ozean abkühlen konnten beziehungs-weise wollten - mal abgesehen davon, daß das Wasser eh so warm war, daß von wirklicher Abkühlung nicht die Rede sein konnte -, denn die Einheimischen hatten uns heftig davon abgeraten. Im Meer würde es wimmeln vor Haien. Stattdessen saß ich also dort vor der Hütte und tauchte ein in eine Erzählung über Eis und Schnee, monatelange Finsternis, erbarmungslose Winde und erfrorene Füße, während mir selbst der Schweiss übers Gesicht lief. 

Dennoch: das ist jetzt lange her und vielleicht nicht jederfraus Sache. Also gibts stattdessen einen südländischen Remix, nicht als Musik - das Projekt trug ich letzte Saison mit mir herum und habe es dann aufgegeben -, sondern als Foto-sammlung.



























































































































































































































































































































































































































































                                                                                    

Kommentare sind wie immer sehr willkommen.

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